Keine Frustrationstoleranz mehr
Kingdom Come: Deliverance - sind moderne AAA-Spiele zu leicht?
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Moderne AAA-Produktionen sind zu leicht und fordern Spieler nicht mehr zum Nachdenken heraus - das sagt Martin Klima, ausführender Produzent von 'Kingdom Come: Deliverance'. Er könnte damit die Achillesferse großer Titel wie Assassin’s Creed oder Call of Duty ansprechen. Mit seinem gerade erschienenen Titel hat er so etwas wie den Anti-Entwurf zu diesem Problem vorgelegt.
Ich gehöre zu der Gamer-Generation, die mit bockschweren Titeln wie 'Syndicate', 'X-Com: Terror from the Deep' und 'Die Fugger 2' groß geworden ist. Handbücher zu studieren und sich monatelang die Fingernägel abzukauen, beim Versuch sie durchzuspielen, gehören für mich zu normalen Erfahrungen der Jugend. Ich erinnere mich noch, wie meine Mitschüler mir auf die Schulter geklopft haben, als ich verkünden konnte, 'Dune 2' und 'Half Life' durchgespielt zu haben. Damals gab es immerhin noch keine Walkthrough's und Myriaden von Foreneinträgen, in denen die Lösungen für kniffelige Spielinhalte diskutiert wurden - oder zumindest waren sie schwieriger zu finden. Diese Zeit wünschen sich nicht nur Spieler wie ich zurück, sondern auch Entwickler wie Martin Klima, der mit 'Kingdom Come: Deliverance' ein Spiel vorgelegt hat, das auch von der Nostalgie dieser Zeit lebt.
Kingdom Come: Deliverance will zur Abwechslung mal herausfordern
Das Gros moderner Spiele ist deutlich simpler geworden, als noch vor 10 oder 20 Jahren
Viele Spieleportale bemängeln bei dem Hardcore-Rollenspiel, dass es kein freies Speichern gibt und man bei den schwierigen Schwertkämpfen schnell stirbt. Wenn das passiert, müsse man schlimmstenfalls eine halbe Stunde nochmal spielen. Als ich das gelesen habe, dachte ich: Na gut, das musste ich früher doch auch ständig? Das hat den Reiz ausgemacht, immerhin konnte man sich dafür tagelang darüber freuen, eine Herausforderung gemeistert, oder ein Spiel gar vollendet zu haben.
Moderne AAA-Produktionen wie Assassin’s Creed böten dagegen ständig Hilfestellungen an und spielten sich im Prinzip von selbst, meint Martin Klima - auch ohne das Zutun der Spieler. Auf dem 'weekly blog' des Entwicklers 'Warhorse' kritisiert er, dass Spieler mit Hilfen wie Tool-Tips, Markern, Richtungspfeilen und so weiter kaum noch herausgefordert würden.
Zwischen Indie und Top-Produktion
Im Grunde genommen sei Kingdome Come: Deliverance, das ähnlich wie die 'Gothic'- oder 'Dark Souls'-Reihe auf Realismus und das Mitdenken seiner Spieler setzt, ein Indie-Game im Gewand eines AAA-Spiels. Denn Indie-Spiele seien heutzutage oftmals die einzigen, die noch originelle Stories erzählten und Gamer vor Herausforderungen stellen. Zugleich erkennt Klima aber auch an, dass Assassin’s Creed oder 'Shadow of War' sich gut verkaufen und entsprechend den Nerv einer großen Spielerzahl träfen. Indie-Spiele müssen ihre Vision vom nostalgischen Frust-Trip darum mit geringen Budgets und deshalb auch mit Spar-Grafik umsetzen. Mit Kingdom Come: Deliverance will der Tscheche mit seinem Studio beweisen, dass auch ein Spagat zwischen Indie und AAA gelingen kann. Die Verkaufszahlen geben ihm im Moment noch recht.